Viele Küchenkräuter sind wahre Bienenmagnete. Besonders Kräuter aus dem Mittelmeerraum, wie Rosmarin, bieten den Bestäubern eine wertvolle Nektartankstelle: Günter Pritsch, der in seinem Buch «Bienenweide» über 200 Trachtpflanzen bewertet, gibt dem Rosmarin für seinen Nektar drei von vier Punkten. Die kleinen, blau-violetten Blüten erscheinen meist von März bis April, bei milden Wintern auch schon im Februar. Ein Rückschnitt im Sommer fördert eine zweite Blüte und verhindert, dass der Rosmarin verholzt und zu hoch wächst. Das Schnittgut kann man als Steckling zur Vermehrung nutzen oder man verwendet es zum Kochen.

Ein Hoch auf Lippenblütler!
Rosmarin gehört zu den Lippenblütlern, eine Pflanzenfamilie, die viele Bienen- und Küchenkräuter umfasst. Auch der Ysop, der mit seinem leuchtenden Blau jedes Blumenbeet bereichtert, zählt dazu. Er blüht vom Juni bis August und übertrifft Rosmarin mit einem Nektarwert von 4. Kein Wunder, dass er oft als «Bienenkraut» bezeichnet wird.
Bleiben wir bei den Lippenblütlern: Wenn Minzen blühen, tummeln sich Wild- und Honigbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen und Hummeln auf den lila Blüten. Doch Vorsicht: Minzen überwuchern durch ihre Rhizombildung schnell das ganze Beet. Alternativ können sie deshalb gut auch im Topf gehalten werden.

Die kleinen Lippenblüten der Zitronenmelissen sind unscheinbar. Mit einem Nektarwert von 2 und einem Pollenwert von 1 hat die Pflanze im Vergleich zu anderen Kräutern schlechter ab. Trotzdem besuchen Wildbienen sie rege, darunter die Grosse Wollbiene und verschiedene Hummelarten.
Weitere wertvolle Bienenkräuter aus der Familie der Lippenblütler sind Thymian, Basilikum, Goldmelissen, Lavendel, Salbei oder das Bohnenkraut. Seien Sie kreativ und kombinieren Sie diese Kräuter – nicht nur auf dem Teller, sondern auch im Beet oder Topf!
Ode an den Dost
Müsste ich einen Favoriten im Bienengarten wählen, so wäre es wohl der Dost, auch Wilder Majoran genannt – wieder ein Mitglied der Lippenblütlerfamilie. Er breitet sich seit ein paar Jahren bei mir im Blumenbeet aus und ist sehr robust: Er mag Sonne und Halbschatten, verträgt Trockenheit und stellt keine grossen Ansprüche an den Boden. Er eignet sich für Blumenrabatten, Kräuterbeete, Hochbeete und die Topfkultur. Oft wächst er auch am Wegrand. Die kniehohe Staude bildet zahlreiche hellrosa Blütenpompons, auf denen es zur Mittagszeit summt und brummt. Der Nektar weist einen stattlichen Zuckergehalt von rund 75% auf, was Schmetterlinge wie das Grosse Ochsenauge, zahlreiche Wild- und Honigbienen sowie Schwebfliegen anlockt. Ab und zu fliegt eine Europäische Hornisse über die Insektenschar und fängt ein Insekt, um ihre Larven zu füttern.
Die würzig-aromatischen Blätter des Wilden Majorans kann man laufend ernten – für Pizzas, Tomatensaucen oder andere mediterrane Gerichte.

Lauchige Blumen
Viele Kräuter bevorzugen ein sonniges bis halbschattiges Plätzchen. Der Bärlauch hingegen mag schattige, waldige Plätze mit humosem und feuchtem Boden. Im April bieten seine weissen Blüten den Wild- und Honigbienen reichlich Nektar. Auch seine Verwandten haben bienentechnisch viel zu bieten: Der Schnittlauch ist mit seinen rosa Blüten ein echter Bienen-Liebling, und wenn man einen Lauch im Gemüsebeet stehen lässt, zieht die grosse, kugelförmige Blüte schon bald viele Bestäuber an.

Blüten schneiden?
Häufig wird empfohlen, die Blüten von Kräutern vorzeitig abzuschneiden, damit die Pflanze ihre Energie nicht in die Blüten- und Samenbildung steckt und so ihr Aroma verliert. Das gilt etwa für Thymian, Salbei, Zitronenmelisse und Minzen. Vor der Blütezeit ist das Aroma am stärksten, weshalb man die Kräuter dann ernten sollte. Um den Bienen ein reiches Blütenangebot zu ermöglichen, können Sie einfach einen Teil der Kräuter ernten und einen Teil bewusst den Bienen überlassen. Nach der Blüte im Sommer hat ein kräftiger Rückschnitt viele Vorteile: Er fördert das Wachstum der Pflanzen und bringt sie nochmals zum Blühen, sodass die Bienen später im Jahr erneut die würzigen Nektar- und Pollentankstellen finden.
Bild und Text: Sarah Grossenbacher